Auftaktband zum Forschungsprojekt "Geistliche Schriftauslegung" erschienen

Heute ist der neue Sammelband "Eigenmächtig ausgelegt oder vom Geist getragen? Geistliche Schriftauslegung – Versuch einer Standortbestimmung" erschienen. Der Band dokumentiert die Beiträge einer Tagung zur Standortbestimmung geistlicher Schriftauslegung an der PTH Münster. Die Tagung im Februar 2022 war der Auftakt eines Forschungsprojekts "Geistliche Schriftauslegung", das ich zusammen mit meinem neutestamentlichen Kollegen an der PTH Münster, Gerhard Hotze, sowie mit Gudrun Nassauer, Neutestamentlerin an der Université Fribourg (Schweiz), und Claudio Ettl, Neutestamentler und stellvertretender Leiter der Akademie Caritas-Pirckheimer in Nürnberg, leite. Das Projekt widmet sich einer wissenschaftlichen Fundierung des Themas Geistliche Schriftauslegung an der Schnittstelle von Bibelexegese und Spiritualitätsgeschichte. Geistliche Schriftauslegung gilt im akademischen Bereich oftmals als suspekt und wird zumindest im deutschen Sprachraum wenig beachtet. Andererseits ist in den letzten Jahrzehnten das Bewusstsein gewachsen, dass eine Beschränkung auf historisch-kritische Methoden der Schriftauslegung einseitig sein und sogar vom Lesen der Bibel abschrecken kann. Von daher stellt das Projekt Fragen, wie: Was ist „Geistliche Schriftauslegung“? Wie wurde und wird sie verstanden und wie verhält sie sich zu anderen Zugängen zur Heiligen Schrift? Wie lässt sich ihr reicher spiritueller Schatz heben? 

Mein Beitrag zum Tagungsband ist der Artikel "Die Schrift geistlich verstehen. Schriftlesung und Schriftverständnis bei Origenes". In diesem Artikel stelle ich die Schrifthermeneutik des Origenes vor, durch die erstmals die Unterscheidung verschiedener "Schriftsinne" im Christentum etabliert wurde. Auf der Voraussetzung der Inspiration der Schrift entwickelt Origenes für unterschiedliche Adressaten verschiedene Deutungsebenen der Schrift. Seine Hermeneutik war für Jahrhunderte prägend. Auch wenn seine nicht selten komplizierten Auslegungen biblischer Texte für heutige Leserinnen und Leser nur schwer nachvollziehbar sein mögen, bin ich davon überzeugt, dass sie auch heute das Desiderat einer Ergänzung der historisch-kritischen Methode durch geistliche Schriftauslegung befruchten. 

 

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